Mental Health: Das sind die wichtigsten Tipps & Learnings aus der Corona-Krise
28. Juli 2020
Die Covid-19-Krise schadet Unternehmen nicht nur wirtschaftlich. Auch die psychische und physische Gesundheit von Mitarbeiter*innen muss seit Beginn der erzwungenen Homeoffice-Phase neuen und ungewohnten Belastungen standhalten. Eine Ausnahmesituation, die sich noch lange hinziehen wird – denn auch wenn nun die ersten Arbeitnehmer*innen wieder vereinzelt in die Büros zurückkehren, steht doch fest: Remote-Work, Homeoffice und Co. sind gekommen, um zu bleiben. Die Krise schafft auf diesem Weg ein neues Bewusstsein für ein Thema, das zwar schon immer relevant war, aber über das selten so viel gesprochen wurde wie jetzt: Die Rede ist von Mental Health.
Seit die Kolleg*innen sich Homeoffice-bedingt nur noch virtuell zu Gesicht bekommen, ist auch ein positiver Effekt zu spüren: Die Teams achten verstärkt aufeinander und fragen öfter und an einer offenen Antwort interessiert, wie es dem anderen geht. Dies schafft Raum für einen ehrlichen Austausch.
Doch die Arbeit vom heimischen Schreibtisch hat nicht nur gute Seiten, sondern kann potentiell auch eine Menge Stress verursachen. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: Sozialkontakte sind auf ein Minimum beschränkt, Eltern, die im Homeoffice arbeiten und zeitgleich ihre Kinder betreuen, sind einer noch nie dagewesenen Doppelbelastung ausgesetzt und auch die körperliche Bewegung haben viele – zumindest zeitweise – vernachlässigen müssen. Die seelische Gesundheit der Mitarbeiter*innen hat daher nun höchste Priorität und Unternehmen müssen sich dem Thema heute und in Zukunft verstärkt widmen. Martina Ruiß, Head of HR bei Personio, teilt die wichtigsten Tipps und Learnings zum Thema Mental Health.
Mental Health: Reales Problem statt Buzzword
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stufte Stress bereits vor der Covid-19-Krise als die größte Gefahr für die Gesundheit in diesem Jahrhundert ein. So ist es nicht verwunderlich, dass psychische Erkrankungen in Deutschland derzeit als zweitwichtigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit gelten. Laut AOK haben sich Krankheitsausfälle wegen Burnout zwischen 2007 und 2017 sogar mehr als vervierfacht – Tendenz steigend.
Aus diesem Grund ist es gerade jetzt besonders dringlich, dass Unternehmen die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz thematisieren. Denn neben der größten globalen Krise in jüngster Zeit müssen sich nun mehr Leute als je zuvor auch mit einer völlig neuen Arbeitssituation im Homeoffice auseinandersetzen. Angefangen beim Arbeitsplatz, der womöglich nur unzureichend ausgestattet ist, über ständige Unterbrechungen von Familienangehörigen oder Haustieren, Kinder die parallel betreut oder sogar unterrichtet werden müssen, Gewichtszunahme durch mangelnde Bewegung und Stress-Essen, bis hin zu Einsamkeit oder sogar Depression.
Vom HR- zum Unternehmensthema
Mental Health wird damit zum Akut-Thema für Personaler*innen und das gesamte Unternehmen. Denn ganz grundsätzlich gesprochen, müssen Unternehmen aufgrund ihrer Fürsorgepflicht auf den Gesundheitszustand ihrer Mitarbeiter*innen achten. Diese Fürsorgepflicht besteht bei Unternehmen unabhängig von der Anzahl der Angestellten und ist gesetzlich geregelt.
How to Corporate Health
Wie also gehen Unternehmen und Personalabteilungen im Speziellen das Thema Corporate Health am besten an? Folgende Maßnahmen gilt es in Angriff zu nehmen:
#1 Die Gesundheit der Mitarbeiter*innen zur Chefsache machen
Damit neue Maßnahmen für die seelische Gesundheit der Mitarbeiter effektiv und in allen Bereichen des Unternehmens umgesetzt werden können, muss das Thema ganz oben bei der Führungsriege angesiedelt sein. Dazu müssen Gespräche über psychische Gesundheit und allgemeines Wohlbefinden auch auf Managementebene stattfinden. Denn nur, wenn auch das Management das Thema ernst genug nimmt, kann es nach dem Top-Down-Prinzip in alle Ebenen des Unternehmens weiter getragen und so beispielsweise ein “Meeting-freier-Freitag” etabliert werden, der ermöglicht, dass sich die Mitarbeiter*Innen möglichst ohne ständige Unterbrechungen auf ihre Aufgaben konzentrieren können. Weitere Angebote, wie (Online-) Sport-, Yoga- oder Meditationskurse sowie Workshops und Coachings zum Thema Achtsamkeit helfen den Teams, sich ihrer Gesundheit bewusster zu werden und zu lernen, auf diese zu achten.
#2 HR als Initiator für das gesamte Unternehmen ansehen
Personaler*innen fungieren mehr denn je als Vertrauenspersonen, wenn es um die Gesundheit der Mitarbeiter*innen geht. HR sollte dabei das Ganze ins Rollen bringen und auch in alle Unternehmensbereiche tragen. So sorgen sie dafür, dass Vorgesetzte sich in Homeoffice-Zeiten beispielsweise mehr um ihre Teams kümmern – zum Beispiel durch tägliche Check-In-Gespräche. Aber auch die Kolleg*innen untereinander sind sensibilisiert und tauschen sich bestenfalls aus.
#3 Erste Anzeichen erkennen
Ein wichtiger Schritt in Richtung Mental Health ist es, eine Art Frühwarnsystem für seelische Probleme von Mitarbeiter*innen zu etablieren. Dafür müssen auch die Führungskräfte sensibilisiert werden – beispielsweise indem HR ihnen Schulungen zur psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz nahelegt. Nur so lässt sich auch seitens der Führungsriege Schlimmeres verhindern und der oder die Vorgesetzte kann den betroffenen Mitarbeiter*innen im Zweifel rechtzeitig entlasten. Dazu gehört auch, Multitasking zu minimieren und Arbeitsprozesse zu schaffen, in denen die Mitarbeiter*innen sich einer Aufgabe widmen können, ohne ständig unterbrochen zu werden.
#4 Eine Richtlinie zur psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz erstellen
Personaler*innen sollten außerdem ein schriftliches Dokument zur “Prävention, Intervention und zum Schutz” der psychischen Gesundheit anlegen. Dies kann beispielsweise auf der Anleitung von Expert*innen wie der Mental Health Foundation basieren. Hierbei sollten sie sicherstellen, dass das Management und auch die Mitarbeiter*innen das digitale Dokument leicht und schnell finden können, wenn sie es brauchen. Software-Tools können hier unterstützen.
#5 Das Schweigen brechen
Klar ist: Es liegt noch ein weiter Weg vor uns, bis eine offene Diskussion über psychische Gesundheit akzeptiert wird. Aber die Wirtschaft und damit auch die Führungskräfte können dazu beitragen, das Bewusstsein für das Thema zu schärfen. Mitarbeiter*innen sollen wissen, dass es in Ordnung ist, traurig, frustriert oder überfordert zu sein und vor allem offen damit umzugehen und um Hilfe zu bitten.
Fazit
Übermäßige Arbeitsbelastung und finanzielle Sorgen gelten als Hauptursachen für psychische Gesundheitsprobleme am Arbeitsplatz. Oft aber ist es eine Kombination von Problemen und Belastungen, die den Ausschlag für eine Depression oder andere psychische Erkrankungen geben können. Was früher schon wichtig war, bekommt durch die besonderen Umstände während Covid-19 nun noch mehr Dringlichkeit: Unternehmen und HR brauchen einen präventiven, offenen und insgesamt besseren Umgang mit dem Thema psychische Gesundheit am Arbeitsplatz, um gestärkt aus der Krise hervorgehen zu können.
Quelle: www.personio.de
Foto “head”: Martina Ruiß, Head of HR bei Personio
28. Juli 2020
Die Covid-19-Krise schadet Unternehmen nicht nur wirtschaftlich. Auch die psychische und physische Gesundheit von Mitarbeiter*innen muss seit Beginn der erzwungenen Homeoffice-Phase neuen und ungewohnten Belastungen standhalten. Eine Ausnahmesituation, die sich noch lange hinziehen wird – denn auch wenn nun die ersten Arbeitnehmer*innen wieder vereinzelt in die Büros zurückkehren, steht doch fest: Remote-Work, Homeoffice und Co. sind gekommen, um zu bleiben. Die Krise schafft auf diesem Weg ein neues Bewusstsein für ein Thema, das zwar schon immer relevant war, aber über das selten so viel gesprochen wurde wie jetzt: Die Rede ist von Mental Health.
Seit die Kolleg*innen sich Homeoffice-bedingt nur noch virtuell zu Gesicht bekommen, ist auch ein positiver Effekt zu spüren: Die Teams achten verstärkt aufeinander und fragen öfter und an einer offenen Antwort interessiert, wie es dem anderen geht. Dies schafft Raum für einen ehrlichen Austausch.
Doch die Arbeit vom heimischen Schreibtisch hat nicht nur gute Seiten, sondern kann potentiell auch eine Menge Stress verursachen. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: Sozialkontakte sind auf ein Minimum beschränkt, Eltern, die im Homeoffice arbeiten und zeitgleich ihre Kinder betreuen, sind einer noch nie dagewesenen Doppelbelastung ausgesetzt und auch die körperliche Bewegung haben viele – zumindest zeitweise – vernachlässigen müssen. Die seelische Gesundheit der Mitarbeiter*innen hat daher nun höchste Priorität und Unternehmen müssen sich dem Thema heute und in Zukunft verstärkt widmen. Martina Ruiß, Head of HR bei Personio, teilt die wichtigsten Tipps und Learnings zum Thema Mental Health.
Mental Health: Reales Problem statt Buzzword
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stufte Stress bereits vor der Covid-19-Krise als die größte Gefahr für die Gesundheit in diesem Jahrhundert ein. So ist es nicht verwunderlich, dass psychische Erkrankungen in Deutschland derzeit als zweitwichtigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit gelten. Laut AOK haben sich Krankheitsausfälle wegen Burnout zwischen 2007 und 2017 sogar mehr als vervierfacht – Tendenz steigend.
Aus diesem Grund ist es gerade jetzt besonders dringlich, dass Unternehmen die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz thematisieren. Denn neben der größten globalen Krise in jüngster Zeit müssen sich nun mehr Leute als je zuvor auch mit einer völlig neuen Arbeitssituation im Homeoffice auseinandersetzen. Angefangen beim Arbeitsplatz, der womöglich nur unzureichend ausgestattet ist, über ständige Unterbrechungen von Familienangehörigen oder Haustieren, Kinder die parallel betreut oder sogar unterrichtet werden müssen, Gewichtszunahme durch mangelnde Bewegung und Stress-Essen, bis hin zu Einsamkeit oder sogar Depression.
Vom HR- zum Unternehmensthema
Mental Health wird damit zum Akut-Thema für Personaler*innen und das gesamte Unternehmen. Denn ganz grundsätzlich gesprochen, müssen Unternehmen aufgrund ihrer Fürsorgepflicht auf den Gesundheitszustand ihrer Mitarbeiter*innen achten. Diese Fürsorgepflicht besteht bei Unternehmen unabhängig von der Anzahl der Angestellten und ist gesetzlich geregelt.
How to Corporate Health
Wie also gehen Unternehmen und Personalabteilungen im Speziellen das Thema Corporate Health am besten an? Folgende Maßnahmen gilt es in Angriff zu nehmen:
#1 Die Gesundheit der Mitarbeiter*innen zur Chefsache machen
Damit neue Maßnahmen für die seelische Gesundheit der Mitarbeiter effektiv und in allen Bereichen des Unternehmens umgesetzt werden können, muss das Thema ganz oben bei der Führungsriege angesiedelt sein. Dazu müssen Gespräche über psychische Gesundheit und allgemeines Wohlbefinden auch auf Managementebene stattfinden. Denn nur, wenn auch das Management das Thema ernst genug nimmt, kann es nach dem Top-Down-Prinzip in alle Ebenen des Unternehmens weiter getragen und so beispielsweise ein “Meeting-freier-Freitag” etabliert werden, der ermöglicht, dass sich die Mitarbeiter*Innen möglichst ohne ständige Unterbrechungen auf ihre Aufgaben konzentrieren können. Weitere Angebote, wie (Online-) Sport-, Yoga- oder Meditationskurse sowie Workshops und Coachings zum Thema Achtsamkeit helfen den Teams, sich ihrer Gesundheit bewusster zu werden und zu lernen, auf diese zu achten.
#2 HR als Initiator für das gesamte Unternehmen ansehen
Personaler*innen fungieren mehr denn je als Vertrauenspersonen, wenn es um die Gesundheit der Mitarbeiter*innen geht. HR sollte dabei das Ganze ins Rollen bringen und auch in alle Unternehmensbereiche tragen. So sorgen sie dafür, dass Vorgesetzte sich in Homeoffice-Zeiten beispielsweise mehr um ihre Teams kümmern – zum Beispiel durch tägliche Check-In-Gespräche. Aber auch die Kolleg*innen untereinander sind sensibilisiert und tauschen sich bestenfalls aus.
#3 Erste Anzeichen erkennen
Ein wichtiger Schritt in Richtung Mental Health ist es, eine Art Frühwarnsystem für seelische Probleme von Mitarbeiter*innen zu etablieren. Dafür müssen auch die Führungskräfte sensibilisiert werden – beispielsweise indem HR ihnen Schulungen zur psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz nahelegt. Nur so lässt sich auch seitens der Führungsriege Schlimmeres verhindern und der oder die Vorgesetzte kann den betroffenen Mitarbeiter*innen im Zweifel rechtzeitig entlasten. Dazu gehört auch, Multitasking zu minimieren und Arbeitsprozesse zu schaffen, in denen die Mitarbeiter*innen sich einer Aufgabe widmen können, ohne ständig unterbrochen zu werden.
#4 Eine Richtlinie zur psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz erstellen
Personaler*innen sollten außerdem ein schriftliches Dokument zur “Prävention, Intervention und zum Schutz” der psychischen Gesundheit anlegen. Dies kann beispielsweise auf der Anleitung von Expert*innen wie der Mental Health Foundation basieren. Hierbei sollten sie sicherstellen, dass das Management und auch die Mitarbeiter*innen das digitale Dokument leicht und schnell finden können, wenn sie es brauchen. Software-Tools können hier unterstützen.
#5 Das Schweigen brechen
Klar ist: Es liegt noch ein weiter Weg vor uns, bis eine offene Diskussion über psychische Gesundheit akzeptiert wird. Aber die Wirtschaft und damit auch die Führungskräfte können dazu beitragen, das Bewusstsein für das Thema zu schärfen. Mitarbeiter*innen sollen wissen, dass es in Ordnung ist, traurig, frustriert oder überfordert zu sein und vor allem offen damit umzugehen und um Hilfe zu bitten.
Fazit
Übermäßige Arbeitsbelastung und finanzielle Sorgen gelten als Hauptursachen für psychische Gesundheitsprobleme am Arbeitsplatz. Oft aber ist es eine Kombination von Problemen und Belastungen, die den Ausschlag für eine Depression oder andere psychische Erkrankungen geben können. Was früher schon wichtig war, bekommt durch die besonderen Umstände während Covid-19 nun noch mehr Dringlichkeit: Unternehmen und HR brauchen einen präventiven, offenen und insgesamt besseren Umgang mit dem Thema psychische Gesundheit am Arbeitsplatz, um gestärkt aus der Krise hervorgehen zu können.
Quelle: www.personio.de
Foto “head”: Martina Ruiß, Head of HR bei Personio